Einst als Lückenfüller gedacht, gewannen die epischen Flugaufnahmen von Swissview immer
mehr Freunde, zuletzt auf HD Suisse.
Jetzt gibt es die Bilder des «halben Rheintalers» Marco Fumasoli auf Apps.
Text: Bruno Knellwolf, Fotos: Miriam Pretzlaff
Marco Fumasoli ist auf dem Weg nach München zu seiner Lebenspartnerin. Halt macht er in der AFG Arena in St.Gallen und im Gepäck hat er seine neuste Blu-ray-Disk: «Aletschgebiet/Berner Oberland». Darauf sind vier Stunden lang faszinierende Luftaufnahmen des Unesco-Weltnaturerbes zu sehen. Denn Marco Fumasoli ist Mr. Swissview – so heisst auch seine in Pfäffikon domizilierte Firma.
Fürs Nachtprogramm
Fumasoli ist ein Reisender, ein Unsteter. Begeistert spricht er von seinem Projekt, das ihn schon viele Jahre begleitet und erst eigentlich nur als Lückenfüller gedacht war. Im Nachtprogramm des Senders Schweiz 4 zeigte Fumasoli seine Bilder, für die er 1995 erstmals mit einem Helikopter gestartet war. Die Filmaufnahmen der Schweiz aus der Vogelperspektive begeisterten den Filmemacher derart, dass diese ihn bis heute nicht mehr loslassen und er diese immer wieder den neusten Technologien anpasst. Jetzt gibt es seine epischen Bilder der Schweiz auch in einem App (siehe Kasten).
«Aufgewachsen bin ich », sagt Fumasoli lachend. Geboren in Zürich verbrachte er einen Teil seiner Jugend im Rheintal, in Balgach. Nach der Kunstgewerbeschule arbeitete er beim Schweizer Fernsehen als Cutter, besuchte eine Filmschule in Berlin und arbeitete als Werber. Schliesslich holte er die Matura nach und studierte an der HSG in St.Gallen und in Zürich Jus. Der Juristerei enteilte Fumasoli nach vier Jahren wieder und kehrte 1987 zum Fernsehen zurück, wo er sich bis zum «Creative Director» hinauf arbeitete.
Daraufhin machte sich Fumasoli selbständig und beteiligte sich im Rahmen eines Wettbewerbs an der Suche nach einem filmischen Logo für den neuen Sender Schweiz 4. Dafür liess er einen 54 Meter hohen Lindstrand-Heissluftballon starten mit den Umrissen einer 4. Eine 4, die für alle vier Landesteile stehen sollte. Dieser Höhenflug brachte Fumasoli auf die Idee, die ihn noch heute begeistert.
Spezialkompositionen
Seither startete Fumasoli seither x-mal zusammen mit Pilot, Kameramann und einer Spezialkamera in die Lüfte, um langsam über schroffe Gletscher, majestätische Berggipfel, malerische Dörfer zu gleiten. Doch die Kamera fängt auch epische Bilder von Städten, entlang pulsierender Autobahnen und Bahnlinien ein. Der Zuseher wird in den Bann gezogen, weil er sich wie an Bord des Helikopters fühlt, der anscheinend lautlos über die ganze Schweiz zu schweben scheint, untermalt von Musik in sphärischen Klängen. Die Musik stammt vom Komponisten Nik Bärtsch und ist fein justiert auf die Luftaufnahmen.
«Die Flugrouten müssen bis ins Detail geplant sein», erklärt Fumasoli. Denn für die Flüge braucht es gehäuft Bewilligungen und je nachdem auch den richtigen Helikopter. Über Städten ist beispielsweise der geräuscharme «MD 902» im Einsatz, der keinen Heckrotor hat und deshalb ein ruhiges Filmen zulässt.
Kraft in der Ruhe
Denn die Kraft der Bilder liegt in ihrer Ruhe. So waren sie erst auch gedacht, als Nachtprogramm. Doch Swissview wurde zu einem grossen Erfolg. «Die Bilder hatten einen Marktanteil von zehn Prozent, obwohl sie nur von ein Uhr bis sechs Uhr nachts gezeigt wurden», sagt Fumasoli. Schnell erhielt er deshalb von den Fernseh-Chefs den Auftrag nach dem Pilotfilm über die Ostschweiz die ganze Schweiz aus der Vogelperspektive zu filmen. Nachdem der Sender Schweiz 4 gestorben war, wechselte Swissview zum Schweizer Fernsehen, seit 2008 werden sie auf HD Suisse ausgestrahlt. «Ende Januar wird der Sender HD Suisse aber eingestellt», erzählt Fumasoli. Leider finde Swissview keinen Platz mehr im Schweizer Fernsehen.
In all den Jahren hat er inzwischen 80 Filmstunden gedreht, welche nun für das App in 1600 Kurz-Filme geschnitten worden sind. Für HD Suisse ist er wegen der «High Definition»-Qualität nochmals die ganze Schweiz abgeflogen. Für seine Planung erkundigt er sich bei Architekten, Landschaftsplanern und Bundesämtern, wo es etwas Besonderes zu filmen gibt. Im Helikopter ist er dann an einem Tag rund sechs bis neun Stunden unterwegs. Bald will er auch wieder über die Ostschweiz fliegen, um die Qualität der Bilder auf den neusten Stand zu bringen.
Die neuen Medien faszinieren ihn, und deshalb zeigt er mit Stolz seine Apps für iPhone und iPad. Auch Smartphones und Tablets mit anderen Betriebssystemen als jenem von Apple will er erobern. Doch die Android-Welt ist vielfältiger. «Man braucht für jedes Tablet wieder eine eigene Lösung», sagt der 60-jährige.
Die Schweiz in China
Auch da ist Fumasoli zuversichtlich. Er liebe das Risiko, sagt er. Als er vor sechs Jahren die Rechte von Swissview gekauft habe, hätte er sich diesen Erfolg nicht vorgestellt. Durch sein Swissview-App, sind seine Filme nun international geworden. «Ein Chinese kann so mit ein paar Klicks über die Schweiz fliegen». Auch Fumasoli schwebt noch einiges vor. Bald will er wieder losfliegen: über die Ostschweiz und vielleicht bald auch über die Berge von Österreich und Bayern oder über grosse Städte wie Abu Dhabi oder Bangkok.